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Zum großen Teil ging die frühe LSD-Forschung von der Annahme aus, dass es sich beim LSD-Zustand um eine so genannte „Modellpsychose“ handle. Die unerhörte Stärke dieser Droge, die schon in winzigen Mengen die geistig seelischen Vorgänge in ansonsten gesunden Menschen tief greifend verändern konnte, gab den Vermutungen neuen Auftrieb, dass endogene Psychosen, insbesondere die Schizophrenie, wesentlich biochemisch bedingt sei. Mehrfach wurde beobachtet, dass eine mikroskopisch kleine Dosis LSD im Bereich von 25 bis 100 Mikrogramm schon ausreichte, um Wahrnehmungen, Gefühle, Gedanken und Verhaltensweisen hervorzurufen, die denen bei manchen Schizophrenen erkennbaren ähnlich waren.

Es war denkbar, dass der menschliche Stoffwechsel unter bestimmten Bedingungen solche winzigen Mengen einer dort normalerweise nicht auftretenden Substanz hervorbrächte, die dem LSD ähnlich oder mit ihm identisch wäre. Nach dieser verführerischen Hypothese wären endogene Psychosen, wie die Schizophrenie, nicht in erster Linie Geistesstörungen, sondern Äußerungen einer Autointoxikation, verursacht durch eine pathologische Veränderung chemischer Vorgänge im Körper. Die Möglichkeit, Symptome der Schizophrenie an normalen Freiwilligen zu simulieren und vielseitige Labortests und Untersuchungen vor, während und nach einer solchen „Modellpsychose“ durchzuführen, schien einen aussichtsreichen Zugang zum Verständnis dieser für die Psychiatrie rätselhaftesten Krankheit zu gewähren. Viele dieser Untersuchungen zielten in den ersten Jahren der Entdeckung des LSD darauf ab, die Hypothese der „Modellpsychose“ zu beweisen oder zu widerlegen. So stark war deren Einfluss, dass etliche Jahre lang alle LSD-Sitzungen, gleichgültig zu welchem Zweck, als „Experimentalpsychosen“ bezeichnet wurden. Halluzinogene vom ähnlichen Typ wie LSD wurden entsprechend auch als Psychomimetika, also Psychosen-Nachahmer bezeichnet. Dies wurde erst 1957 berichtigt, als Humphrey Osmond nach einem wechselseitig anregenden Briefwechsel mit Aldous Huxley („Die Pforten der Wahrnehmung“) den sehr viel treffenderen Terminus „Psychedelika“ prägte, wobei sich der Begriff Psychomimetika allerdings noch lange in der akademischen Fachwelt hielt.

Bis heute halten sich also der Glaube und die Vorstellung an psychotische und damit pathologische Zustände, die nach der Einnahme von LSD und Psilocybin ausgelöst werden vehement in unserer Gesellschaft. Für den Betroffenen bedeutet das in der Regel eine sehr unliebsame und anstrengende Auseinandersetzung in einem ohnehin schon emotional sehr aufgeriebenen und hypersensiblen Bewusstseinszustand – sollte er während der Substanzwirkung zum Beispiel in eine Psychiatrie eingeliefert werden.

Obschon es auch in unserem Kulturkreis – eine Jahrtausende alte Tradition im Umgang mit psychedelischen Substanzen gibt, wurde das LSD, nach seiner Entdeckung durch Albert Hofmann, zusammen mit anderen sog. „Halluzinogenen“ recht schnell verboten und damit der gesellschaftlichen Kontrolle entzogen.

Die entscheidenden Impulse zum (weltweiten) Verbot allerdings kamen aus der politischen Reaktion auf die Jugendbewegung der 60er Jahre. "Drogen" wurden identitätspolitisch von Teilen der Jugendbewegung überhöht und dienten zugleich deren Gegnern propagandistisch als Symbole anti-sozialer Tendenzen.

Auch heute noch sehen wir uns mit einem eher distanzierten und unaufgeklärten Umgang mit außergewöhnlichen Bewusstseinszuständen konfrontiert, welche durch Psychedelika – wie LSDPsilocybin und Meskalin – ausgelöst werden. Dieser unaufgeklärte Umgang bezieht sich durchaus nicht nur auf staatliche Behörden sondern auch – und gerade hier – auf Jugendliche und Heranwachsende, die oftmals experimentell diese Substanzen ausprobieren.

Da diese ausgelösten Zustände in keinen gesellschaftlichen Kontext passen, werden sie auch nicht integriert und im schlechtesten Fall als pathologisch angesehen und entsprechend behandelt. Das Trauma wird hier für den Erlebenden, welcher sich nach der Einnahme von Psychedelika in einer Psychiatrie wieder findet, erheblich verstärkt. Nicht selten wird die Behandlung in der sterilen Atmosphäre eines Krankenhauses als empfindlicher Eingriff gewertet und trägt in keiner Weise zu einer „Verbesserung“ der Symptome bei. Gerade die Integration außergewöhnlicher Zustände und Erfahrungen in den eigenen Lebenszusammenhang stellt sicher, dass die Dynamik psycholytischer Prozesse eben keine langfristigen Probleme bereiten und – entgegen der weit verbreiteten Auffassung – sogar eine Bereicherung innerhalb der Persönlichkeitsentwicklung des Einzelnen sein können.